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Z. 9 an den König in Siam – Anfang des 17. Jahrhunderts hatte sich Siam (heute Thailand) den Europäern geöffnet, ohne sich allerdings auf die eine oder andere Macht festzulegen. Unter Somdet Phra Phetracha (*1632; †1703), seit 1688 König in Siam, änderte sich diese Politik grundlegend. Er verfügte die Schließung aller Handelsniederlassungen, die ausländischen Händler wurden ausgewiesen. Siam schottete sich für die folgenden rund 130 Jahre von der Außenwelt ab. Interessanterweise durften die Missionare bleiben.
Z. 16f des Hrn. Constantinus ... als dessen Königs vornehmsten Ministers - Der namentliche Hinweis fehlt in Spirit, nicht aber in Bißhero. Gemeint ist Constantine Phaulkon (eigentl. Konstantin Gerakis, *1647; †1688), ein griechischer Abenteurer und zeitweise Kanzler im Königreich von Ayutthaya in Siam (heute Thailand). „1688 wurde Ayutthaya zum Schauplatz der merkwürdigsten aller barocken Krisen“[1], weil dieser Phaulkon im Namen des thailändischen Königs, tatsächlich aber vor allem auf eigene Rechnung, große Politik versuchte. Er veranlasste eine Annäherung an Frankreich, um ein Gegengewicht gegen England und Holland zu schaffen, machte zwielichtige Geschäfte, wurde schließlich nach einem Regierungswechsel in Siam hingerichtet – und war somit, für den zeitgenössischen Leser wohl erkennbar, alles andere als ´dessen Königs vornehmster Minister´.
Z. 21f Bantami=schen Stritttigkeit – Bantam: indonesische Provinz. 1682 war hier ein britischer Stützpunkt von den Niederländern unterworfen worden.
Z. 35 sie sollen Schelmen seyn – Hier ´Schelm´ nicht im heutigen, milden Verständnis zu lesen, sondern im ursprünglichen Sinn von „verworfener mensch, betrüger, dieb, verführer, verräter“.[2]
Z. 39 Marquis de Rovigni – Henri de Massue, Marquis de Ruvigny, später 1. Earl of Galway (*1648; †1720), französischer Soldat und Diplomat. 1678 - darauf wird hier mit „ward nach Engelland abgefertiget“ angespielt - sandte ihn Ludwig XIV. nach England. Er sollte dort Geheimverhandlungen mit Karl II. durchführen. Später machte sich Ruvigny als Hugenottengeneral einen Namen. Nach dem Widerruf des Edikts von Nantes trat er im englischen Exil in die Dienste von Wilhelm III.
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Z. 19 insinuieren – „sich in eines Gunst und Gewogenheit einschleichen“.[1]
Z. 22 in Vino Veritas – Lateinisches Sprichwort: ´im Wein ist Wahrheit´- Esprit&Geist, S. 35: „Die Wahrheit ist im Wein Ohn falschen Heuchel=Schein“
Z. 29 der Päpstlichen infallibilität = Unfehlbarkeit (des Papstes). Erst seit dem 1. Vatikanischen Konzil (1870) in den Rang eines Dogmas erhoben, leitet sich die Unfehlbarkeit seit alters ab von dem römisch-katholischen Glauben an die göttliche Sendung, verbunden mit dem Besitz der alleinigen Wahrheit.
Z. 37f Römisch Catholi=scher Bedienten – Esprit&Geist sagt deutlicher, was gemeint ist (S. 36) und warum Zeile 38 dazu eine logische Erläuterung bietet: „Frantzösische Krieges=Officier Päbstlichen Glaubens“
Z. 38f weilen sie sich im Duell mit einem und dem andern geschlagen – „In Frankreich war das Duell vom Ende des 16. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts geradezu eine Modeerscheinung: Allein zwischen 1594 und 1610 sollen in Frankreich achttausend Adlige und Offiziere in Duellen getötet worden sein, und der (allerdings für seine häufigen Duelle berüchtigte) François de Montmorency soll in einem einzigen Jahr 22 (nach anderen Quellen sogar über 40) Kontrahenten im Duell getötet haben.“[2] Zwar drohten drakonische Strafen bei der Teilnahme an Duellen; eine Vielzahl von ´Duellmandaten´ ist nachweisbar, mit deren Hilfe das Duellunwesen unterbunden werden sollte. Aber das „auffällige Interesse der Landesherren, Duelle zu unterbinden, stand ... im merklichem Kontrast zu ihrer Neigung, Duellanten ... mit Samthandschuhen anzufassen (...) Vollstreckte Todesurteile kamen kaum jemals vor.“[3] Der oben erwähnte François de Montmorency-Bouteville (*1600; †1627) bildete hier eine unrühmliche Ausnahme. Er wurde nach wiederholtem Verstoß gegen das Duellverbot 1627 in Paris enthauptet.
[1] Stieler, Zeitungs Lust, S. 206
[2] Wikipdia, URL: www.de.wikipedia.org/wiki/Duell [25.10.2012]
[3] Frevert, Ehrenmänner, S. 33
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Z. 3 empfahen = Hier: empfangen, erhalten; „verhält sich zu empfangen wie fahen zu fangen, und klingt uns als seltnere, ältere form heute feierlich und dichterisch“[1] (s. Geist 16/11).
Z. 9 Monsieur de Vauban – Sébastien Le Prestre, Seigneur de Vauban, auch Marquis de Vauban (*1633; †1707), der berühmte Festungs-baumeister Ludwigs XIV. und Marschall von Frankreich. „Das von ihm maßgeblich inspirierte Festungswesen des Absolutismus wurde als ´gebaute Strategie´ Ausdruck eines mit allen Kräften forcierten Territorialisierungsprozesses und als ´gebaute Disziplinierung´ ein Werkzeug fürstlicher Strukturpolitik und staatlichen Zentralisierungsstrebens.“[2]
Z. 10 Handtierung – „gewerbe, handwerk (...) in freierem sinne jede beschäftigung, die um gewinnes oder lebensunterhaltes willen dauernd getrieben wird“.[3]
Z. 26f Jedoch ist ihm neulich ... der König in Portugall entgangen – Dom Pedro (Peter) II. regierte Portugal seit 1683. Am 30. August 1687 heiratete er in zweiter Ehe Marie Sophie von der Pfalz (*1666; †1699), Tochter des Kurfürsten Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg (s. Geist 88/36f).
(s. Geist 88/36f).
Z. 31 die Damen geblasen – Klarer in Bißhero: „sein Lied geblasen“; Esprit&Geist: „Hispanien hat ihm dasmahl das Spiel verrucket“.
Z. 32 den Königlichen Pohlnischen Printzen – Jakob Louis Heinrich Sobieski (*1667; †1737), Sohn des polnischen Königs Johann (Jan) III. Sobieski (s. Geist 15/38f). Wie im 16. Jahrhundert waren „die polnischen Königswahlen wieder Objekt der auswärtigen Mächte, ganz besonders Österreichs und Frankreichs, die sich mit den polnischen Adelsgruppierungen verbanden... Sobieski galt als Haupt der französischen Partei.“[4] (s. Geist 15/38f)
Z. 34f Churfürsten in Bayern – Max Emanuel (*1662; †1726), Kurfürst von Bayern 1679 bis 1726, war 1688/89 verheiratet mit Erzherzogin Maria Antonia von Österreich (*1669; †1692), Tochter des Kaisers Leopold I. Auch in zweiter Ehe heiratete er keine „dergleiche Bastardin“ (Z. 36), sondern Therese Kunigunde (*1676; †1730), eine Tochter Johann III. Sobieskis.
Z. 38f daß er die Cron nach seines Helden=tapferen Vatters Tod – Johann III. Sobieski, (*1629; †1696), König von Polen und Großfürst von Litauen 1674 bis 1696, berühmt als ´Befreier Wiens´ im Türkenkrieg, starb überraschend 1696. Die Nachfolge trat aber nicht sein Sohn Jakob an (s. Geist 15/32), sondern Friedrich August (August der Starke, *1670; †1733), Kurfürst von Sachsen 1694 bis 1733 und als August II. König von Polen 1697 bis 1704 und 1709 bis 1733.
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[1] Grimm, Wörterbuch, Band 3, Sp. 420, 31
[2] Kunisch, Absolutismus, S. 11
[3] Grimm, Wörterbuch, Band 10, Sp. 469, 51
[4] Press, Kriege, S. 393
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Z. 1 König in Pohlen – Johann III. Sobieski (s. Geist 15/32 und 38)
Z. 7 die Königin in Pohlen – Maria Kazimiera Sobieska (eigentlich Marie Casimire Louise de la Grange d’Arquien, *1641; †1716), eine französische Adelige; heiratete 1665 den späteren König von Polen Johann III. Sobieski.
Z. 8 ihren Vatter – Henri Albert de La Grange d’Arquien (*1613; †1707)
Z. 11 empfahen - Hier: „persönlich aufnehmen, den herrn, den gast, den boten ins land, die braut ins haus“.[1]
Z. 19 Gerichts=Stuhl zu Metz – Im Jahre 1679 ließ Ludwig XIV. eigene Reunionskammern in Metz, Breisach und Besancon einsetzen, die nichts anderes zu tun hatten, als alte Lehen, Rechte und Besitztümer im alten Reichsgebiet dieser drei Bistümer ausfindig zu machen und sie für die französische Krone einzuziehen. „Dies betraf alle Reichsfürsten, die im Elsass Besitz hatten, aber darüber hinaus wurden auch das württembergische Mömpelgard, Teile der Kurfürstentümer Pfalz und Trier sowie zahlreiche kleinere Herren erfasst. König Karl XI. von Schweden sah sich plötzlich in der Verlegenheit, für sein Herzogtum Zweibrücken-Kleeburg französischer Vasall zu werden.“[2] (s. Geist 78/26f und 28)
Z. 27f König in Schwe=den – Karl XI. (*1655; †1697), König von Schweden 1660 bis 1697, mündig 1672 (s. Geist 16/19).
Z. 28 die Fürsten von Mümpelgard – s. Geist 16/19
Z. 28 den Hertzog von Lothringen – hier gemeint der zur Zeit von Franckreichs Geist amtierende Karl V. (*1643; †1690), Titularherzog seit 1675.
Z. 36 Memorial / das erst neulich... – s. Geist 41/37f
Z. 39f weilen sich zu Paris dermassen geschickte Leuthe befunden... – spielt an auf die Fälschung alter Dokumente, die den Vorrang des französischen Königtums vor allen anderen beweisen sollten
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Z. 11 die Fuchs=schwäntzer – s. Geist 4/19
Z. 14 Ritter Baumont – Alexandre, Chevalier de Chaumont (*1640; †1710), erster französischer Botschafter Ludwig XIV. am Hof von Siam.
Z. 16f auß einem Tractat / die Reise nach Siam betitelt – Gemeint ist: Alexandre de Chaumont (1686), Relation de l’ambassade de Mr le chevalier de Chaumont à la Cour du Roy de Siam, avec ce qui s’est passé de plus remarquable durant son voyage. A Amsterdam. Chez Pierre Mortier, Libraire sur le Vygendam, à la Ville de Paris. M. DC. LXXXVI. (URL: http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB0000546300000000)
Z. 18 Narentheidungen – „närrisches ungereimtes reden, da einer, nach art der narren, närrische possen und zoten reiszet, und redet oder thut was sich nicht schicket“.[1] „Fabeley“ heißt es im gleichen Sinn in Esprit&Geist, „Schwänke“ in Bißhero.
Z. 30f er bot ih=nen die Stadt Mastrich an – Geschehen im Rahmen der Verhandlungen über den Frieden von Nimwegen (s. Geist 12/24).
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Z. 4 die Herren Staaten – Hier gemeint: die politische Vertretung der Vereinigten Niederlande, auch Generalstaaten genannt: Holland, Seeland, Utrecht, Geldern, Groningen, Overijssel-Drehnte und Teile von Flandern und Brabant, Diese Provinzen hatten sich 1581 nach dem niederländischen Aufstand von Spanien und den Spanischen Niederlanden unabhängig erklärt. Baumanns spricht von einem ´Staat ohne Hof´, was im 17. Jahrhundert durchaus eine Besonderheit darstellte: „Die Generalstaaten hatten nur eine Ständeversammlung, den ´Staaten-General´. Die Prinzen von Oranien blieben nach der Ablösung der nördlichen Generalstaaten von den südlichen, spanisch-habsburgisch regierten Niederlanden Statthalter. Ihr Herr war nicht mehr der spanische König, sondern die ´Herren Staaten´.“[1]
Für den heutigen Sprachgebrauch ist ´die Herren Staaten´ eine ungewohnte Personifizierung des Begriffes ´Staat´; „der plur. Staaten erscheint zuerst im unmittelbaren anschlusz an die gleichlautende ndl. Pluralform von der Vertretung der ehemaligen Republik der Niederlande“;[2] „sogar mit dem zusatz herren, der diesen plur. deutlich als bezeichnung einer versammlung von vertretern kennzeichnet (ndl. De heeren staaten-generaal der vereenigde Nederlanden)“.[3]
Z. 11 nach der zu St. Denis gehaltenen Schlacht – Schlacht im Holländischen Krieg zwischen der französischen Armee einerseits, der holländischen Armee und ihren Verbündeten andererseits bei St. Denis am 14. August 1678.
Z. 12 Printz von Oranien – Wilhelm III. (s. Geist 8/4)
Z. 17 Churfürsten von Brandenburg – Friedrich Wilhelm I. (*1620; †1688), ´der Große Kurfürst´), Kurfürst von Brandenburg 1640 bis 1688. Sein Nachfolger ist Friedrich I., (*1657; †1713), zunächst als Friedrich III. Kurfürst von Brandenburg (1688-1713), dann als Friedrich I. erster König von Preußen (1701 bis 1713).
Z. 30 Vereinigte Niderland – s. Geist 18/4
[1] Baumanns, Lisola, S. 41f
[2] Grimm, Wörterbuch, Bd. 17, Sp. 277, 55
[3] Grimm, Wörterbuch, Bd. 17, Sp. 279, 28
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Z. 19 Genua – 1685 sah sich der Doge der Stadt Genua gezwungen, samt Begleitung nach Paris zu reisen, um dort einen Streit mit Ludwig XIV. auszuräumen und ihn um Verzeihung zu bitten – ein Vorgang, der zeitgenössisch als ein besonderer Akt der Erniedrigung wahrgenommen wurde.
Z. 22 Schütte – Aufschüttung zu Zwecken der Befestigung und Verteidigung.
Z. 34f die im vorigen Monat Septemb. in die Chur=Pfaltz / das Hertzogthum Würtenberg und Franckenland gethane Einfälle – Hier wird auf Geschehnisse angespielt, die für den Verfasser von Franckreichs Geist sehr gegenwärtig sind (und in allen anderen Fassungen noch fehlen!). Am 27. September 1688 hatten französische Truppen begonnen, die Festung Phillipsburg einzuschließen. Die Besatzung kapitulierte am 30. Oktober. Die Eroberung und Zerstörung der Pfalz und angrenzender rechtsrheinischer Gebiete schloss sich an.
Dieses Mal stieß Ludwig XIV. jedoch auf eine gegnerische Allianz. Schon im Juli 1686 hatten Kaiser Leopold I., König Karl II. von Spanien, König Karl XI. von Schweden, Kurfürst Maximilian II. Emanuel von Bayern und diverse andere armierte[1] Reichsstände die Augsburger Liga gegründet, ein Defensivbündnis gegen Ludwig XIV. Es sollte insbesondere auch dazu dienen, die im Regensburger Stillstand von 1684 erreichte 20-jährige Waffenruhe mit Frankreich zu erhalten. Als Verstärkung der Liga-Position kam ein zwischen Leopold I. und dem brandenburgischen Großen Kurfürsten friedrich Wilhelm geschlossener gegenseitiger Beistandspakt hinzu. Im Februar 1689 wurde der Reichskrieg gegen Frankreich erklärt und in der Folge die französische Armee bis zum Rhein zurückgedrängt.
[1] Armierte Reichsstände waren solche, die stehende Heere unterhielten. „Absolutistische Herrscher mieteten nicht mehr von Söldnerführern kommandierte Kontingente für einen Kriegszug oder eine Saison, stellten vielmehr ihnen selbst gehörende ´stehende´ Truppen auf.“ (Gotthard, Reich, S. 113)
[1] Armierte Reichsstände waren solche, die stehende Heere unterhielten. „Absolutistische Herrscher mieteten nicht mehr von Söldnerführern kommandierte Kontingente für einen Kriegszug oder eine Saison, stellten vielmehr ihnen selbst gehörende ´stehende´ Truppen auf.“ (Gotthard, Reich, S. 113)
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Z. 7 Comte d`Avaux – Comte Jean Antoine de Mesmes d´Avaux (*1640; †1709), französischer Botschafter in den Niederlanden von 1678 bis 1689, später auch in Schweden. Nahm teil an den Verhandlungen zum Nimwegischen Frieden.
Z. 9f von dem bona fide tractatuum – guter Glauben (bona fides); redliches und zuverlässiges Handeln im Rechtsverkehr, hier insbesondere in Vertragsangelegenheiten (tractatuum im Sinne von: Vertrag, Abmachung).
Z. 15 Eroberung der Stadt Luxemburg – s. Geist 8/2
Z. 17 prätensionen = Ansprüche
Z. 19 zu Mons – Die wallonische Stadt war 1678 von französischen Truppen belagert worden.
Z. 36 Danck aber dem Pabst – Innozenz XI. (Benedetto Odescalchi) (*1611; †1689), Papst 1676 bis 1689.
Z. 38 den Hertzog von Savoyen – Viktor Amadeus II. (*1666; †1732), Herzog von Savoyen 1675 bis 1730: als Viktor Amadeus I. König von Sizilien 1713 bis 1720 und König von Sardinien 1720 bis 1730.