Kommentar zu Seite 21
Z. 21 den Pabst – Innozenz XI. (s. Geist 20/36)
Z. 23 das Tridentinische Concilium – „Das Konzil von Trient (1545 bis 1563) schuf im Zusammenspiel mit dem Papsttum … die Grundlage für eine Erneuerung (der katholischen oder „alten“ Reichskirche/d.Verf.), die … wenig willens war, den deutschen Protestanten entgegenzukommen.“[1]
Z. 26f nach dem zu Costnitz ge=schlossenen Consilio – Costnitz = Konstanz. Das berühmte Konzil zu Costnitz tagte von 1414 bis 1418. Auf dieser Kirchenversammlung wurden die böhmischen Prediger und Kirchenreformer (Hussiten) Jan Hus (*1370; †1415), und Hieronymus von Prag (*1365; †1416) als Ketzer verurteilt und verbrannt.
Z. 27 des Scheiderhauffens würdig – s. Geist 21/26
Z. 33f da dem Heil. Vatter die andere den Fuß küssen / er demselben aus sonderlicher Andacht noch wol was anders lecken dörffte? – Bemerkenswert grobe Zote, stilistisch ansonsten durchaus ungewöhnlich für Franckreichs Geist.
Z. 37 noch grausamer als Artaban – Spirit bietet „as fierce as a Turk“, Esprit&Geist übersetzt „erbittert wie ein Türcke“. Die entsprechende Formulierung aus Esprit („fier comme Artaban“) verweist aber auf ein etwas anderes Bedeutungsfeld im Sinn von ´stolz wie ein Pfau´: „Cette expression est une référence au roman historique "Cléopâtre", paru au XVIIe siècle. Un des personnages, Artaban, était un individu extrêmement arrogant et fier. Depuis cette époque, „fier comme Artaban“ est restée et désigne une personne trop prétentieuse.“[2] Der pseudohistorische, vielbändige Roman Cléopâtre erschien zwischen 1647 und 1658. Sein Autor, Gautier de Costes, sieur de La Calprenède (*um 1610; †1663), war ein „um die Mitte des 17. Jahrhunderts in ganz West- und Mittel-Europa vielgelesener Romanautor“.[3]
[1] Press, Kriege, S. 139
[2] L´internaute encyclopédie, URL: http://www.linternaute.com/expression/langue-francaise/895/etre-fier-comme-artaban/ [20.10.2012]
[3] Pinkernell, Namen, URL: www.pinkernell.de/romanistikstudium/Internet1.htm
[02.02.2011]
Kommentar zu Seite 22
Z. 2 in seinem Patrimonio – Das ´patrimonium Petri´ (auch patrimonium Ecclesiae) ist das durch Schenkungen erworbene und im Lauf der Jahrhunderte immer mehr vergrößerte Vermögen der römischen Kirche, also der Kirchenstaat.
Z. 3 authoriaät - [sic], korrigiert in Geist b: „Authorität“
Z. 15 seyud - [sic], korrigiert in Geist b: „seynd“
Z. 26 Clerisey = Geistlichkeit
Z. 26f an die Versam(m)lung der gantzen Clerisey seines Königreichs in Anno 1682 beschehen – 1682 hatte Ludwig XIV. in Paris ein Generalkonzil einberufen. „Hier wurden in vier Artikeln, die unter der Federführung des Bischofs Jacques Bénigne Bossuet verfasst wurden, die «gallikanischen Freiheiten» verkündet, die bis zur Französischen Revolution in Kraft blieben. Die vier Artikel hatten – kurz zusammengefasst – folgenden Inhalt: 1. Nur in geistlichen, nicht aber in weltlichen Dingen ist den Päpsten und der Kirche Gewalt von Gott verliehen; die Fürsten sind in zeitlichen Dingen von der kirchlichen Gewalt unabhängig. 2. Die Gewalt des Papstes in geistlichen Dingen ist durch die Autorität der allgemeinen Konzilien beschränkt (Dekrete des Konzils von Konstanz 1414–1418). 3. Die Ausübung der päpstlichen Gewalt ist durch die von den Konzilien festgelegten Kanones beschränkt. Außerdem bleiben die Gesetze und Gewohnheitsrechte des französischen Königs und der französischen Kirche, wie sie bisher ausgeübt wurden, weiter in Geltung. 4. Entscheidungen des Papstes in Glaubensfragen bedürfen der Zustimmung der Gesamtkirche.“[1] Der Gallikanismus, gewissermaßen die ´Mehrheitsfraktion´ des französischen Katholizismus, kämpfte sei langem für möglichst viel Unabhängigkeit von Rom und entsprach „in seinem Selbstverständnis dem auf seine Souveränität pochenden französischen Königtum“[2] (s. Geist 105/34).
Z. 34 München = Mönche
Z. 35 und die Jesuiten selbsten – Gesellschaft Jesu (Societas Jesu, SJ), bekannt als die Jesuiten (was ursprünglich ein Spottname war, später aber vom Orden selbst übernommen wurde); 1534 von Ignatius von Loyola (*1491; †1556) mit begründeter und 1540 von Papst Paul III. (*1468; †1549) bestätigter, straff geführter Mönchsorden. Die Jesuiten arbeiteten neben der Heidenmission gezielt auch an der Wiedergewinnung der durch die Reformation verlorenen Gebiete. Als Seelsorger und Beichtväter vieler Fürsten und Könige hatten sie durchaus politischen Einfluss, wurden aber nicht zuletzt deswegen immer wieder mit Verschwörungen aller Art in Verbindung gebracht, insbesondere mit solchen, die aufklärerische und protestantische Bewegungen verhindern sollten (ausführlich s. Geist 107/11).
Z. 36 Disciplen = Schüler
Z. 37 der Ertz=Bischof zu Paris – 1682, beim Pariser Generalkonzil (s. Geist 22/26f) hieß der Erzbischof von Paris François de Harlay de Champvallon (*1625; †1695). Er soll es gewesen sein, der Ludwig XIV. heimlich mit der Madame de Maintenon traute (dazu s. Geist 24/34)
[1] Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit im Katholischen Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland (Hrg.) (1994): Kirche für Christen heute – eine Information über die Alt-Katholische Kirche, Hoffmann/Berlin, S. 66, zit. nach Wikipedia, URL: www.de.wikipedia.org/wiki /Gallikanismus [20.10.2012]
[2] Hinrichs, Fürsten, S. 226
Kommentar zu Seite 23
Z. 2 Hudt - [sic], korrigiert in Geist b: „Hut“
Z. 4 Heinricus der VIII – Heinrich (Henry) VIII. (*1491; †1557), König von England 1509 bis 1547. Er hatte, um seine Scheidung von Katharina von Aragon zu ermöglichen, die anglikanische Kirche als Staatskirche neu gegründet. Als logische Folge erklärte er sich selbst zum Oberhaupt der neuen Staatskirche und verbot die katholische Kirche in England.
Z. 29f dann er in der letztern Cardinals=Promotion gantz nicht geachtet worden ist / und auch nicht / ... in Consideration gezogen werden wird - François de Harlay de Champvallon wurde tatsächlich niemals Kardinal und starb 1695 eines so plötzlichen Todes, das ihm nicht einmal die Sterbesakramente gereicht werden konnten – eine Pointe, die dem Autor von Franckreichs Geist sicherlich gefallen hätte.
Z. 33 Consideration – s. Geist 78/2
Z. 35 Herr Camus, Bischoff zu Grenoble– Étienne Le Camus (*1632; †1707) war von 1671 bis 1707 Bischof von Grenoble und wurde, nicht zuletzt wegen seines Mutes gegenüber Ludwig XIV., von Innozenz IX. zum Kardinal geweiht, an Stelle von Harlay de Champvallon.
Kommentar zu Seite 24
Z. 4 bey dem König als bey dem Ertz=Bischoff ... Unlust und Widerwillen verursachet - Étienne Le Camus durfte erst 1689 nach Rom reisen, um dort die Kardinalswürden zu empfangen (s. Geist 23/35).
Z. 8 Conduite = Führung
Z. 15 den tod deß Grafen von Estres / Französischen Ambassadeurs – François-Annibal d’Estrées (*1573; †1670), Duc d’Estrées, Marschall von Frankreich und 1636 bis 1648 Gesandter in Rom. Bruder von Gabrielle d’Estrées, der berühmten Mätresse Heinrichs IV.
Z. 22f des Königes Bildnuß – Anspielung auf eine umstrittene Ludwig-Statue auf dem Pariser Place des Victoires (ausführlich s. Geist 88/13)
Z. 24 Lanternen - [sic], korrigiert in Geist b: „Laternen“
Z. 30 Ermangungen - [sic], korrigiert in Geist b: „Ermahnungen“
Z. 34 Madame de Montespan – Françoise Athénais de Rochechouart (*1641; †1707), Mätresse Ludwig XIV., mit dem sie acht Kinder hatte.
Z. 34f Madame de Maintenon – Françoise d´Aubigné (*1635; †1719), zunächst Geliebte Ludwig XIV., dann ab Oktober 1683 in morganatischer Ehe mit ihm verbunden. Sie erzog seit 1669 die Kinder Ludwigs und der Marquise de Montespan. „Aufgrund ihrer kirchlich, aber nicht öffentlich vollzogenen Eheschließung mit Ludwig XIV. hatte sie einen königinähnlichen Status inne, der zwar nicht deklariert, jedoch auf zeremonieller und symbolischer Ebene deutlich wurde.“[1]
Z. 36 General der Jesuiten – zu der Zeit: Charles de Noyelle (*1615; †1686).
Z. 37 Pater la Chaize – Francois d´Aix, seigneur de la Chaize (*1624; †1709), Jesuit und 34 Jahre Beichtvater Ludwigs XIV.
Kommentar zu Seite 25
Z. 3 Marggrafen von Lavardin – Henri-Charles de Beaumanoir (*1644; †1701), 1687 bis 1689 französischer Botschafter in Rom.
Z. 8 wärr - [sic], korrigiert in Geist b: „wäre“
Z. 11 den erstgebohrnen Sohn der Kirchen - Ehrentitel Frankreichs und seiner Könige als Verteidiger des Glaubens
Z. 12 Stadt Liegge = Lüttich
Z. 14 daß er alldorten :zu ... - [sic], korrigiert in Geist b: „dass er alldorten : Zu....“
Z. 14 Cardinal von Fürstenberg – hier gemeint Wilhelm Egon Graf von Fürstenberg-Heiligenberg (*1629; †1704), zunächst Kurkölner Minister, der seinen Bruder Franz Egon (*1626; †1682) als Bischof von Straßburg 1682 abgelöst hatte. Die Brüder Fürstenberg galten als französische Parteigänger. 1688 wurde Wilhelm Egon zum Koadjutor des erkrankten Kurfürsten und Erzbischofs von Köln, Maximilian Heinrich (*1621; †1688), gewählt.[1] Da der Erzbischof zugleich Kurfürst war und über einen eigenen Staat verfügte, war die Bischofswahl ein hochpolitischer Akt. Nach dem Tod Maximilian Heinrichs (er amtierte von 1650 bis 1688) konnte Wilhelm Egon aber trotz seiner Wahl durch das Domkapitel nicht auf die Position des Kurfürsten und Erzbischofs von Köln folgen. Der Papst verweigerte im Zusammenspiel mit dem Kaiser den nötigen Dispens, um einen unmittelbaren französischen Einfluss auf die Kurversammlung zu verhindern. Stattdessen ernannte Papst Innozenz XI. Joseph Clemens von Bayern (*1671; †1723) zum Erzbischof von Köln, der das Amt und die Kurwürde bis 1723 inne hatte. Wilhelm Egon versuchte, mit französischer Unterstützung das Amt dennoch zu übernehmen. Dadurch wurde Kurköln in den ´Pfälzer Erbfolgekrieg´ (1688 bis 1697) hineingezogen. (s. Geist 77/23 und 24)
Z. 15 Coadjutore – „eigendlich ein Mitwirker / Mithelfer. Insonderheit derer Bischöfe und Geistlicher hohen ämter“[2]
Z. 17f in eben dasselbe Prädicament ... fallen dörffte – hier gemeint als ´in dieselbe Kategorie fallen´.
Z. 17f der verstorbene Chur=fürst zu Cölln / wegen des Münsterischen Bistthums – Maximilian Heinrich von Bayern (*1621), seit 1650 Erzbischof und Kurfürst von Köln, war am 5. Juni 1688 gestorben. Er hatte stark unter dem Einfluss der Gebrüder Fürstenberg gestanden (s. Geist Z. 14). Christoph Bernhard von Galen (*1606; †1678) wurde 1650 Bischof von Münster. Mit seiner Wahl zum Bischof löste sich Münster von Köln „und spielte dank seiner forcierten militärischen Stärke eine beträchtliche Rolle im deutschen Nordwesten“[3] (s. Geist 39/38).
Z. 18 Bißtthum - [sic], korrigiert in Geist b: „Bißthum“ (dto. Z. 32)
Z. 26 der Frantzösische Mercurius - Der französische Bote = Wilhelm Egon Graf von Fürstenberg (s. Geist 25/14).
Z. 37 Eropäischen - [sic], korrigiert in Geist b: „Europäischen“
Z. 39 Büllen - [sic], korrigiert in Geist b: „Bullen“
[1] Das Folgende nach Press, Kriege, S. 372f
[2] Stieler, Zeitungs Lust, S. 187
[3] Press, Kriege, S. 372f
Kommentar zu Seite 26
Z. 3f Heinricus der VIII. in Engeland – s. Geist 23/4
Z. 13 nach Griechischer Art – Bezug auf die Unabhängigkeit der orthodoxen Kirchen (eine davon die griechisch-orthodoxe) von Rom.
Z. 22f eine Dispensation / die Princessin von Conti zu heyraten – Wohl als bitterböse Polemik zu lesen, vor dem Hintergrund des reichen Liebeslebens Ludwigs: Marie Anne de Bourbon, Prinzessin von Conti (*1666; †1739) – nur um sie kann es hier gehen - war die älteste uneheliche (aber legitimierte) Tochter Ludwigs XIV. und Louis de La Vallières. Zugleich war sie der erklärte Liebling des Königs. Sie heiratete 1680 Louis Armand I. de Bourbon, Prinz von Conti (*1661; †1685), schloß aber nach dem frühen Tod ihres Mannes keine neue Ehe.
Z. 25 die N.N. auf dem Halß – gemeint mit N.N.: die Jesuiten. In Bißhero heißt die entsprechende Stelle: „Aber er kan den Römischen Hof nicht missen / ja es würden die Jesuiter des Pabtes geschworne Unterthanen / ihm auf den Leib fallen“.
Z. 26 Pater la Chaize – s. Geist 24/37
Z. 29f der eintzige Ertz=Bischoff zu Paris – s. Geist 23/29f
Z. 32 Carolum den II. – Karl II. (*1630; †1685), König von England und Schottland 1660 bis 1685.
Z. 38 kein solch guter Bieder=Mann – im Sinne von: ehrlicher Mann, „vir bonus, honestus, antiquus: biedermann von altem schrot und Korn“.[1]
Kommentar zu Seite 27
Z. 1 als Innocentius XI. nicht gethan – Die namentliche Nennung des gegenwärtigen Papstes fehlt in Bißhero und Esprit&Geist
Z. 5 Land Venessin – Comtat Venaissin (Grafschaft Venaissin), historische Region, um die südfranzösische Stadt Avignon in der Provence gelegen, als Exklave in päpstlichem Besitz, 1663 und 1668 besetzt von französischen Truppen.
Z. 10 Königin Johanna – Johanna I. von Anjou (*um 1326; †1382) war von 1343 bis zu ihrem Tod Königin von Neapel und Gräfin der Provence. Sie verkaufte Avignon an die Päpste.
Z. 11 Pabst Clementi V. – Clemens V., eigentlich Bertrand de Got (*zwischen 1250 und 1265; †1314), Papst von 1305 bis 1314. Er verlegte 1309 die päpstliche Residenz nach Avignon. Tatsächlich beschreibt der Autor hier aber Vorgänge, in denen es um Papst Clemens VI. (!) (*um 1290; †1352) geht, Papst 1342 bis 1352. Er erwarb 1348 für 80.000 Gulden die Grafschaft Avignon von Königin Johanna (s. Geist 27/10).
Z. 13 dem Grafen von St. Gilles mit Gewalt entzogen – Ab etwa 1660 wurde das Gebiet (s. Geist 27/5) wie eine Provinz des Königreichs Frankreich verwaltet.
Z. 23f sich jemalen des Königreichs Spannien ... bemächtigen sollte – Genau dies versuchte Ludwig XIV. nach dem Tod König Karls II. und löste damit den Spanischen Erbfolgekrieg aus.
Z. 25 des anjetzo regierenden Königs Caroli – Karl II. (*1661; †1700), König von Spanien 1665 bis 1700.
Z. 29f das Erarchat von Ravenna / welches der König Pipinus dem Heil. Stuhl verehret – Oströmischer Verwaltungsbezirk und so etwas wie ein Vorposten byzantinischer Macht in Italien. 751 wurde es von den Langobarden erobert, 756 von den Franken. Deren König Pippin der Jüngere (*714; †768) schenkte das Erarchat weiter an Papst Stephan II. (*??; †757), bekannt geworden als sogenannte Pippinische Schenkung).
Z. 33 von Stund an - „sofort, sogleich, augenblicklich, unverzüglich, von jetzt ab, von diesem augenblick an.“[1]
Kommentar zu Seite 28
Z. 1f Er könte nach aller Möglichkeit die Türcken in Un=garland kommen lassen – Topischer Vorwurf (teilweise historisch berechtigt), Ludwig XIV. habe gegen das Reich gemeinsame Sache mit dem Osmanischen Reich gemacht (s. Geist 29/28f). Fortlaufende Unruhen in Ungarn hinderten Kaiser Leopold I. lange Zeit, im Westen gegen Frankreich Front zu machen.
Z. 3 Staffel – im Sinne von Stufe oder kleine Treppe zu lesen
Z. 15 des Ludovici IV. Humor – Im 17. Jahrhundert hatte ´Humor´ eine deutlich weitere Bedeutung: „Humeur, und Humor, Sinn und Beschaffenheit des Gemüts und dessen Begierden.“[1]
Z. 19 ein verliebter Orpheus – Ironische Anspielung auf den berühmten Sänger der griechischen Sage, der mit seinem Gesang selbst die Steine zum Weinen brachte (wie Ludwig „mit dem Klang seiner Louis d´Or“, Z. 20).
Z. 21 Louis d´Or – s. Geist 4/25
Z. 26 die Juden zur Zeit des Antiochus Epiphanes – s. Geist 4/34